ZwischenRäume 13: Zeitsprünge - Temporale Überschreitungen in den WissenschaftenArbeitsgespräch der vier Berliner Institutionen Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik, Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Zentrum für Literaturforschung und Freie Universität Berlin. Organisation und Leitung:Philipp von Hilgers (MPIWG), Ana Ofak (HZK), Katrin Solhdju (ZFL), Jutta Müller-Tamm (FU), Barbara Wildenhahn (FU) Programm:
'Natura non facit saltus' - die Natur macht keine Sprünge - formulieren Leibniz, Linné und andere einen Basissatz des 18. Jahrhunderts. Obwohl die moderne theoretische Physik das inzwischen anders sieht, so erscheint doch die Fähigkeit zum Springen und zu Sprüngen auch als ein kulturelles Privileg. Als solches prägt der diskontinuierliche, im Sinne des Zitats 'sprunghafte' Übergang von einem Zustand in einen Anderen auch die - an sich systematischen Ansprüchen unterworfene - moderne Wissenschaft. Das scheint uns insbesondere dort der Fall zu sein, wo es ihr um die Projektierung von zukünftigen anthropologischen Perspektiven und Paradigmen geht. Hier muss sie notwendig hypothetische Annahmen über den Zustand noch unerreichter Zeiträume zugrunde legen und zugleich Begriffe und Konzepte entwickeln, die deren Vermessung, Kartierung und utopischen Festschreibung dienen. Damit aber unternimmt Wissenschaft eine 'Zeitreise' - eine Bewegung in der Zeit, die vom gewöhnlichen Zeitablauf abweicht - und entzieht sich ein Stück weit der eigenen Gegenwärtigkeit. Denn wo sich sowohl Wissen als auch habituelle gesellschaftliche Praxis als begrenzt erweisen, müssen die Zielvorstellungen wissenschaftlichen Handelns in Konstruktionen wirksam werden, die einen phantasierenden und imaginativen Charakter aufweisen. Zu prüfen ist, ob solche Wissenschaftsfiktionen in der selben Weise, wie es Wolfgang Iser für literarisch Fiktionen entwirft, als 'eigentümliche Übergangsgestalten' funktionieren, die sich zum Zweck gegenseitiger Anschließbarkeit zwischen das bereits Gewusste und das in Zukunft zu Wissende schieben. Als Ort dieser Austauschprozesse aber würden Fiktionen dann selbst zum Faktum: In ihnen manifestiert sich die Fiktionsbedürftigkeit des Menschen als gesellschaftliche und wissenschaftliche Praxis. Kontakt:Dr. des. Barbara Wildenhahn |